Eine Reise mit dem vietnamesischen Reunification Express lohnt sich in mehrerer Hinsicht. Kunterbunt bekommt man das vietnamesische Alltagsleben hautnah und direkt vor die Nase gesetzt mit. Auf dem Bahnsteig fängts damit an, dass arme Hühnervögel mit zusammengebundenen Füssen in Plastiktragtaschen auf mehrstündige Zugfahrten im Handgepäck mitgenommen werden. Offenbar verreist hier niemand ohne seinen Güggel! Im Schlafabteil gehts weiter, vietnamesische Omas messen ihren Blutdruck, welcher feinsäuberlich notiert wird, bevor sie mitten in der Nacht mitten im Nirgendwo aussteigen. Daraufhin klettert sofort der nette Jugendliche, der seit 3 Stunden beobachtet wo das nächste Bett frei wird, in die vakant gewordene Schlafmöglichkeit. Und zum Schluss kommt das Beste. An jeder grösseren Haltestelle wird 5 Minuten bevor der Zug in den Bahnhof einfährt heroische Marschmusik durch den ganzen Zug geschallt, egal ob nachmittag oder nachts um 2 Uhr ist. In der Dauerschleife müssen wir zuhören, wie mit stolz geschwellter Brust zweistimmige vietnamesische Arien geträllert werden.

Zugegeben, kurz bevor wir nach insgesamt etwa 36 Zugstunden (wir sind in 3 Etappen gefahren) an der Endstation Hanoi ankommen, haben wir herausgefunden, wie wir die Marschmusik aus kommunistischen Tagen abstellen hätten können. Naja, ohne die klangvolle Haltestellenuntermalung wärs im Nachhinein nur halb so einprägend gewesen.